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Wissen in Aktion : Der Primat der Pragmatik als Motto der Konstanzer Informationswissenschaft: Festschrift für Rainer Kuhlen von Stephan Holländer


Information in unterschiedlichen Kontexten

U nter den diesjährigen Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt weckt die Festschrift für Rainer Kuhlen Neugier. Gelingt es, die thematische Breite seines Schaffen in einer Publikation zu reflektieren?

Die Herausgeber, Rainer Hammwöhner, Marc Rittberger und Wolfgang Semar haben es sich zur Aufgabe gemacht, eine Festschrift zum 60. Geburtstag Rainer Kuhlens zu konzipieren. In sechs Abschnitten mit den Themen „Experimentelles Information Retrieval“, „Informationstheorie“, “Information im Kontext“, „Informationsversorgung“, „Wissensmanagement“ und „Komparatives Informationsmangement“ wird der Anspruch gemacht, die Breite des publizierten Schaffens von Rainer Kuhlen thematisch abzudecken. Die Konzeption der Herausgeber darf in ihrer thematischen Strukturierung als gelungen bezeichnet werden.

Die Autoren der Festschrift sind Rainer Kuhlen in vielfältiger Weise verbunden: Studenten, Doktoranden und Habilitanden der Konstanzer Informationswissenschaft; Kollegen und Kolleginnen aus dem Hochschulverband für Informationswissenschaft sowie zugewandter Orte aus Verbänden und anderen Universitäten beleuchten verschiedene Themen in den sechs Abschnitten. Dies sei an einigen ausgesuchten Beiträgen näher betrachtet.

Im Abschnitt „Experimentelles Information Retrieval“ beleuchtet Harald Reiterer die Wichtigkeit der Visualisierung von Recherchen und der Rechercheergebnisse bei der effizienten Nutzung von Information Retrieval- und Data Mining Systemen. Er weist zu Recht auf die Wichtigkeit der benutzerorientierten Sichtweise bei der Entwicklung von visuellen Suchsystemen hin. In einem weiteren Beitrag in diesem Abschnitt erläutern Bernard Bekavac und Joachim Griesbaum Verfahren zur Dokumentenbeschaffung und Sortierung von Ergebnislisten bei der Benutzung von Internetsuchdiensten und stellen die verschiedenen Suchdiensttypen vor.

Was ist Information ohne Wahrheit und Wissen?

Der Abschnitt „Informationstheorie“ umfasst vier Beiträge. Erwähnt sei Rainer Hammwöhners Beitrag zum Informationsbegriff. Er beleuchtet die Beziehung zwischen Information und Wissen. Anhand von sieben Thesen vertritt er die Meinung, dass der Informationsbegriff nicht vom Wissens- und Wahrheitsbegriff zu trennen ist. Wolf Rauch geht in seinem Beitrag zu Kuhlens bekanntem Informationsbegriff (Information = Wissen in Aktion) auf die Notwendigkeit ein, den Informationsbegriff um eine zeitliche Dimension zu erweitern, was in verschiedenen Wissenschaftsbereichen auch geschehen ist.

In einem weiteren Abschnitt mit dem Titel “Information im Kontext“ sei der Beitrag von Marc Rittberger zum Thema „Vertrauen und Qualität in Informationsdienste“ hervorgehoben. Er definiert Kriterien für das Vertrauen, das Informationsdiensten entgegengebracht wird. Er zeigt in seinem Beitrag die Abhängigkeit von Vertrauen und Qualität in verschiedenen Kontexten punkto Vollständigkeit, Zuverlässigkeit, Transparenz auf. Dies stellt einen wertvollen Ansatz für die weiterführende Diskussion um den Qualitätsbegriff dar.

Der Beitrag von Thomas Seeger im Abschnitt „Informationsversorgung“ wirft einen Blick zurück in die Frühzeit der Dokumentationsbewegung im letzten Jahrhundert. Der Autor erläutert die Visionen und Konzepte der Gründerväter Otlet und LaFontaine, die zu einer Abspaltung der frühen Dokumentationsbewegung vom Bibliothekswesen führte. Die Ausführungen von Otlet zur virtuellen Präsentation von Wissen dank „Tele-Reading“ und „Tele-Scription“-Maschine sind höchst informativ und verdienen als Vorläufer der Internettechnologie zur Kenntnis genommen zu werden.

Achim Osswald schildert die Entwicklung der eBook-Angebotskonzepte beginnend mit Produkten für propietäre Wiedergabesysteme bis hin zu webbasierten Angeboten. Die Untersuchung der Frage, ob diese Angebote von Bibliotheken genutzt werden, veranlasst den Autor zur Feststellung, dass Bibliotheken aufgrund ihrer Erfahrung mit elektronischen Zeitschriften das Angebot höchst selektiv nutzen. Der Autor führt aus, dass die mittel- und langfristigen Perspektiven für den Bestandsaufbau als spekulativ zu bezeichnen sind. Dieser Ansicht ist beizupflichten.

Im Abschnitt „Wissensmanagement“ wird in verdienstvoller Weise Praxisberichten Raum gegeben. Dies ist zweifellos ein Pluspunkt der vorliegenden Festschrift. So stellen Jubran Rajub und Claus Rautenstrauch das Wissensmanagement-Tool TecNavigator vor. Der in der Einleitung kurz geführte Diskurs zum Informationsbegriff hatte man an anderer Stelle schon prägnanter und profunder gelesen. Die Beschreibung des Einsatzes von TecNavigator in einer Bank ist ein interessanter Beitrag zum Praxiseinsatz von Wissensmanagementtools. Leider schreiben die Autoren nichts zur Akzeptanz des Tools bei den Nutzern der Bank.

Die drei im Abschnitt „Kooperatives Informationsmanagement“ zusammengefassten Beiträge setzen sich mit einem sehr aktuellen Thema auseinander. Die Informationskompetenz soll durch die Nutzung heterogener Informationsquellen gestärkt und unter anderem Studierenden helfen, Informationskompetenzdefizite abzubauen.

Den Herausgebern ist es mit ihrer Konzeption der Festschrift zweifellos gelungen, thematisch die Breite des Schaffens von Rainer Kuhlen gerecht zu werden. Die publizierten Beiträge sind nicht durchwegs von gleicher hochkarätiger Qualität. Einige wenige Beiträge wurden mit einer „heissen Feder“ geschrieben. Die herausragenden Arbeiten in der Festschrift machen jedoch dieses Manko vergessen. Dem Verlag wäre zu wünschen gewesen, dass er seine Lektoratsaufgabe etwas genauer wahrgenommen hätte. Orthographiefehler und die Formatierung als Blocksatz in einzelnen Beiträgen hätten so nicht unbesehen für die Buchausgabe übernommen werden dürfen. Sonst ist die Publikation eine runde Assemblage, bei der man gerne das Glas hebt und sich in die lange Reihe der Gratulanten einreiht, die dem Jubilar zuprostet.

HAMMWÖHNER, Rainer, RITTBERGER, Marc, SEMAR, Wolfgang (Hg.) (2004). Wissen in Aktion : Der Primat der Pragmatik als Motto der Konstanzer Informationswissenschaft: Festschrift für Rainer Kuhlen. Konstanz , UVK Verlagsgesellschaft. Schriften zur Informationswissenschaft, Band 41. ISBN 3-89669-704-8.

© Ressi, no.1, janvier 2005, ISSN 1661-1802, tous droits réservés Retour en haut de la page

Date de création : 10.01.2005
Date de dernière mise à jour : 10.01.2005